Um neun Uhr morgens fahre ich los. Mein Weg führt mich durchs Laufental Richtung Delsberg und von dort auf den Col des Rangiers. Es ist kalt. Zumindest zu kalt für die Jahreszeit. Gerade mal 10 Grad und das kurz vor Sommeranfang. Dazu kommt kurz vor der Passhöhe noch Regen hinzu. Da kann ein Kaffee nicht schaden. Und wie meist hier oben gönne ich mir auch noch einen Mandelgipfel. Schon bald fahre ich weiter, hinunter nach Pruntrutt, fülle noch meinen Tank und schon geht's über die Grenze nach Frankreich. Ich folge den Windungen des Doubs nach Westen. Das Ziel ist noch nicht bekannt. Über Besançon komme ich schliesslich in die Bourgogne. Weinberge säumen die Strasse. Regen, Wind und Sonne wechseln sich nun ab, wobei der Wind der hartnäckigste ist der Drei. Und noch immer ist es kühl. Ein Kaffee von Zeit zu Zeit hilft. Schliesslich lande ich auf der Route des Grands Crus, die ihren Namen aber sicher nicht von einem Motorradfahrer erhalten hat. In Beaune ist tanken angesagt. Danach geht's weiter nach Antic und kurz danach in die Berge bzw. Hügel. Eine kurvenreiche Strasse führt mich nach St. Léger sous Beuvray wo ich im einzigen Hotel mit dem einzigen Stern ein Zimmer nehme. Ich lasse den Tag bei abendlichen 6 Grad ausklingen.
Die Sonne scheint. Doch kühl ist es noch immer. Nach dem
Frühstück geht's weiter Richtung Westen durch eine herrliche
Hügellandschaft. In Decize
an
der Loire mache ich Pause bevor ich weiter fahre über Vichy und
Moulin in die Berge westlich von Clérmont Férand. Unter anderem
mache ich Halt in Billy (nicht von IKEA) und bestaune die Burg
Obwohl
immer mal wieder die Sonne durch die Wolken bricht, will es einfach
nicht richtig warm werden. Geschätzte 15 Grad sind das höchste der
Gefühle. Zeit also, weiter südlich zu fahren. Auf einer gut
ausgebauten Strasse geht es also zügig Richtung Süd-Südwest. In
ständigem Auf und Ab in weiten Kurven durch die Auvergne nach
Mauriac, Aurillac, Maurs. In Maurs nimmt meine
"Schneller-als-die-Polizei-erlaubt-Fahrt" ein Ende. Das
mittelalterliche Städtchen verlangt nach einer Besichtigung.
Ich
beschliesse hier zu übernachten. Und es ist hier deutlich weniger
kühl als auf den Höhen der Auvergne.
Gut geschlafen, schlecht geträumt. Ich stehe früh auf, um nicht
in den Traum zurück zu kehren. Nach dem Frühstück wird getankt und
der Reifendruck geprüft. Dann geht's auf in das Tal des Lot.
Habe
dieses vor drei Jahren schon genossen. Und wieder ist es ein Genuss.
Von Cajarc folge ich dem Fluss durch ein spektakuläres Tal. Tief
eingeschnitten in die Ebene östlich von Cahors. Ein Traum, aber
einer, in den man gerne zurückkehrt.
Schönste
Aussichten, kurvige Strassen, wenig Verkehr.
Was will man mehr. Wirklich zu empfehlen, nicht nur für
Motorradfahrer. Von Cahors aus halte ich mich Richtung Augen.
Deutlich weniger Verkehr als auf dem kürzeren Weg Richtung Süden.
In hohem Tempo fahre ich durch eine karge Landschaft, in der aber
noch immer viel Landwirtschaft zu finden ist.
Sobald
es weiter Richtung Süden geht, wird alles etwas grüner. Ab Augen
folge ich der weniger befahrenen Strasse Richtung Condom.
Obwohl
die Sonne scheint, ist es noch immer eher kühl. Aber zumindest geht
es ohne Heizgriffe; nicht ohne Griffe, nur ohne Heizung! Irgendwo auf
dem Weg Richtung Pau verliere ich mich in der Pampa. Das hab ich nun
davon, dass ich die verkehrsreichen Strassen meiden will. Die Leere
meines Tanks und ein dazu passendes Hinweisschild führen mich zurück
auf den "richtigen" Weg. Je näher ich Pau komme, desto
mühsamer wird das Fahren. Erst auf der anderen Seite der Stadt
ergibt sich wieder eine Gelegenheit, dem Verkehr zu entkommen. Die
Pyrenäen haben mich wieder! Vorerst nur die nördlichen Ausläufer.
Aber nach Arette ändert das. Der Col de la Pierre St. Martin
verhindert, dass ich nördlich des Hauptkammes bleibe. Wie schon beim
letzten Mal hat es wenig Verkehr. Dafür aber einiges an Rollsplitt.
Dieser "Bremser" wird weiter oben dann vom nächsten
abgelöst: Nebel. Auf der spanische Seite nach unten wird es schnell
besser. Dafür kommt nun starker Wind auf. Nur bremst der nicht so
sehr. In flotter Fahrt geht es runter bis zur ersten Ortschaft Isaba,
wo ich im gleichen
Hotel
wie vor drei Jahren Unterkunft finde. Ein wunderschönes Dorf, das
ich nach einer Dusche etwas genauer erkunde.
Danach
geniesse ich, dass Spanien Raucher nicht vollständig aus Gaststätten
verbannt. Mit dem Abendessen muss ich allerdings bis 20:30 Uhr warten
Happy Hours sind angesagt.
Ich verlasse Isaba Richtung Lazar-Pass. Kurz nach der nicht sehr
hohen Passhöhe nehme ich den Col d' Erroymendi unter die Räder. Was
für ein Vergnügen. Beste Strassenverhältnisse und kein Verkehr.
Dazu prächtige Landschaft und tolle Aussicht.
Man
wähnt sich beinah in den Alpen. Auf der französischen Seite ist
dann Schluss mit guter Strasse, d.h. viele Flicke und somit recht
holperig. Von Larrau hinauf auf den Col Babargni ist es dann wieder
besser. Hier ist eine Pause Fällig.
Dann runter und wieder
rauf und über einige kleine Cols. Damit bin schon ziemlich weit
westlich gekommen, sodass ich in Mendive scharf rechts abbiege und
über den Col Aphanize Richtung Tardets fahre. Via Aramits und
anschliessend den Col Marie Blanque komme ich ins Vallé d' Osseau.
Von hier geht es hoch zum Col d' Aubisque. Leider mit viel
Rollsplitt.
Zudem
ist die Traverse zum Col du Soulor gesperrt, d.h. ich verpasse die
letzte Passage um ein paar Minuten. Also zurück und den Soulor von
Norden her anfahren. Das gelingt zwar, muss aber wiederum mit viel
Splitt erkauft werden.
Auf
dem Soulor tröstet mich ein Kaffee über den unfreiwilligen Umweg
hinweg. Wie dort oben von einem Zürcher erfahre, soll auch der
Tourmalet gesperrt sein. Zumindest offiziell. Ich versuche mein Glück
und werde nicht ganz enttäuscht. Man lässt mich zwar durch, doch
die Fahrt muss vorsichtig von Statten gehen. Frisch aufgeteerter
Belag mit einer fast sandigen, noch losen "Bestreuung".
Irgendwie und irgendwann komme ich oben an.
Eine
Erfrischung ist angesagt, bevor ich auf der anderen, nicht so
schlimmen Seite hinunter fahre nach St. Marie du Campan. Richtung
Osten ist meine Karte am Ende. Wie auch ich. Die nächste Karte kommt
morgen dran.
Schlecht geschlafen. Holländische "Gümmeler" dachten
wohl, sie seien die einzigen im Hotel. Dafür fängt der Tag gut an.
Sonne pur. Schon bald nach dem Frühstück bin ich unterwegs zum Col
d' Aspin. Zum Glück nur wenig Splitt Die Fahrt macht richtig Spass.
Oben zeigt sich, dass der Herdentrieb keine Spezialität der
Rindviecher ist.
Ich
entziehe mich der Herde und fahre gleich runter um gleich wieder rauf
zu fahren. Diesmal aber auf den Col de Peyresourde. Dort ist eine
Pause angesagt, während der ich eine amerikanisch Velo-Gruppe
beobachte wie sie sich lautstark für die Talfahrt rüstet. Schon
bald rüste ich mich auch, allerdings für die Fahrt in die andere
Richtung, sodass ich die Amis nicht mehr erleben "darf". Im
Tal stelle ich fest, dass mein Benzin nicht mehr allzu weit reichen
wird. Meine Nachfrage bei einer Passantin ergibt, dass es bis zur
ersten Tanke in Spanien reichen sollte und damit günstiger werden
wird. Also fahre ich guten Mutes über den Col del Portillon nach
Spanien. Und tatsächlich grüsst schon bald ein Tankstellenschild.
Dort gibt es sogar eine einigermassen brauchbare Karte zu kaufen für
meine Weiterfahrt im Norden Spaniens.
Den Tunnel Richtung Port de
Suert lasse ich rechts liegen und fahre über den Port de la
Bonaugua. Eine ziemlich extreme Passstrasse. Grösstenteils gut
ausgebaut, sehr kurvenreich und die Passhöhe auf deutlich über
2000m. Es geht auch deutlich zügiger hinunter als vor Jahren hinauf,
als die Strasse renoviert wurde. Und Dank dem erwähnten Tunnel kein
Schwerverkehr. Südlich von Sort beobachte ich während einer
Zigarettenpause einige Riverrafter bei ihrem Vergnügen.
In
la Pobla biege ich dann ab Richtung Port de Suert. Wiederum eine
herrliche Fahrt. Die Felsen sind nun eher rot. Die Temperaturen auch.
Immer weiter westlich treibt es mich. Mein Weg führt mich teilweise
auf schnurgerade, teilweise auf kurvigen Strassen in stetem Auf und
Ab über Hochebenen und durch Schluchten.
Das
Ganze immer parallel zum Pyrenäen-Hauptkamm, dessen noch immer
schneebedeckten Gipfel immer wieder zu sehen sind. Kurz vor Biescic,
in Gavin, beende ich die Fahrt für heute. Dieser hübsche, kleine
Ort scheint mir geeigneter zum Übernachten, als irgend einer an der
Nord-Süd-Verbindung bei Biesca.
Ein
Rundgang durch den Ort dauert etwa 10 Minuten, aber immerhin hat es
drei Bars. Ich muss die Zeit, bis es etwas zu essen gibt, ja
irgendwie überbrücken. Und der Stierkampf am TV dauert nicht so
lange, wenn auch zu lange.
Frühstück gibt's erst um neun Uhr. Also wird vorher alles
gepackt und verladen. So kann's nach dem Frühstück gleich los
gehen. Erst mal auf der Nationalstrasse gen Süden. Als es auf dieser
unerwarteterweise steil nach oben geht, vermute ich, dass ich die
Abzweigung ins Guargatal verpasst habe. Zum Trost werde ich mit einem
wunderbaren Panoramablick verwöhnt. Ich habe beinah das Gefühl die
ganzen Pyrenäen von Atlantik bis Mittelmeer sehen zu können.
Ein
Bauarbeiter bestätigt meine Vermutung betr. Abzweigung als ich ihm
auf meiner Karte zeige, wo ich lang will. Er rät mir von dieser
Strecke ab wegen "kaum Verkehr und viele Kurven". Freudig
nehme ich diese Mühsal auf mich, fahre einige Kilometer zurück und
biege schliesslich in das unempfohlene Tal ein. Was für eine Pracht.
Eine wild-romantische Landschaft, beinah menschenleer, nur hie und da
etwas Landwirtschaft. Leicht aber stetig geht es bergauf bis zur
Perte del Scrabbio. Auf der anderen Seite geht's dann steiler
bergab
Richtung
Ainsen. Von dort fahre ich statt auf der Hauptstrasse auf einer
Nebenstrasse westlich davon nach Süden. Die Gegend ist prachtvoll.
Die Strasse meist gut.
Unterwegs
verlasse ich die vorgesehene Strecke einem Hinweisschild auf ein
Restaurant folgend. Der 4-km-Abstecher zeigt sich als lohnenswert.
Wenn es nicht erst Zeit zum Mittagessen wäre, hätte ich gleich auch
Zimmer belegt. So aber fahre ich bald auf meine ursprünglich
vorgesehene Strecke zurück und bestaune schon bald die Schluchten,
die der Fluss in diese Landschaft geschnitten hat.
Da
bleibt einem nicht nur wegen der Hitze die Spucke weg. Viel zu früh
gelange ich auf die Hauptstrasse, auf der ich nach Barbastro fahre
und weiter über Benabarre immer schön nach Osten bis Tremp. In
Benabarre mache ich mir den Spass, durch die engsten Gassen bis zur
alles überragenden Kirche hoch zu fahren.
Und
mich bei einer Cola zu erfrischen und auszuruhen. Von Tremp aus
ändert die Richtung auf Nord. Zügig geht es auf der Schnellstrasse
nach Sort, wo die Richtung erneut auf Ost ändert. Eine sehr rasant
zu fahrende Bergstrecke führt mich fast bis La Seu. Für eine
eigentlich eher abgelegenen Strecke abseits der grossen, bekannten
Pässe hat es hier ungewöhnlich viele Motorradfahrer unterwegs. Kurz
vor La Seu biege ich ab Richtung Süd. Einer geht noch, einer geht
noch rein . . . Ab Coll de Negro wartet der Boixols-Pass auf mich.
Eine absolute Traumstrecke, die ich bei meiner letzten Tour in diese
Gegend kennen gelernt habe. Meine Erinnerung daran wird vollauf
bestätigt. Kurven über Kurven, wie die Warnung verspricht.
Ein ständiges Hin und Her, Links und Rechts, fast nichts gerade.
Und das bei quasi Null Verkehr. Ein krönender Abschluss dieser
"Vor-Pyrenäen"-Tour. Auf der Passhöhe treffe ich noch
zwei Berner an. Sie studieren nach kurzem Gruss lieber ihren
Reiseführer, während ich die Aussicht geniesse.
Nur
noch ein kleines Problem: Unterkunft. Die Gegend ist nicht gerade
übersät mit Hotels. In Corquend finde ich ein Gästehaus. Von
Aussen unscheinbar, von Innen sehr gemütlich und modern
ausgestattet. Warum der Herr des Hauses das Cheminé in Betrieb nimmt
bei dem extrem warmen Wetter, zeigt sich erst beim Nachtessen. Das
Fleisch wird am offenen Feuer zubereitet und schmeckt hervorragend.
Während ich dies aufschreibe, fällt mein linker Brillenbügel aufs
Papier. Hoffentlich hält der rechte noch bis Basel.
Da ich auf der "falschen" Seite des Boixols übernachtet
habe, "muss" ich ihn noch einmal befahren. Kein schlechter
Start in den Tag also.
Und
nach diesen 35km Kurveneldorado geht es nicht schlechter weiter. Nun
geht es durch ein enges Tal hinauf zum Coll de Jou und von dort durch
nicht enden wollende Kurven nach Berga. Nun zur Abwechslung und
"Erholung" auf der Nationalstrasse nach Norden bis es bei
Guardido Zeit ist, wieder kurvenreicheres Terrain zu befahren. Über
den Col de Meralla gelange ich so bis kurz vor Ripoll. Von hier führt
eine wenig befahrene Nationalstrasse in ständigem Links-Rechts nach
Puigard an der Grenze zu Frankreich. Die Fahrt hier hoch wird etwas
getrübt durch mehrere gewittrige Regengüsse und teilweise sogar
Hagel. Dies verlangt natürlich nach einem Halt. Nur hat es weit und
breit nichts, um dem Gewitter bzw. den Regengüssen auszuweichen.
Also komme ich erst in Puigarda zu einem wohlverdienten Kaffee.
Danach hiess es "adios Espana". Auf der Route National
Richtung Perpignan kommt es erneut zu starkem Regen. Der Verkehr ist
entsprechend langsam und die Busse und Camper verbessern die
Situation auch nicht gerade. Bei Prades, nach heil überstandener
Geschwindikeitskontrolle (Danke an den unbekannten Warner), mache ich
dieser eher unerfreulichen Verkehrslage ein Ende, indem ich auf eine
Nebenstrasse abbiege. Diese führt mich auf den Col de Roule
Jarniere. Eine eher schmale Angelegenheit aber eine helle Freude.
Kein Verkehr, kein Regen, schöne Landschaft. So gelange ich
schliesslich nach St. Martin, wo eines der wenigen Hotels in dieser
abgelegenen Gegend zu finden ist. Es wird meine letzte Nacht in den
Pyrenäen. Zumindest für diese Reise.
Auf dem Weg hinaus aus den Bergen mache ich noch einen Abstecher
nach Ansignan. Der römische Aquädukt dort ist zwar nicht besonders
hoch oder sonstwie spektakulär, aber er ist noch immer in
Betrieb!
Danach
geht es auf vorwiegend kurvigen Nebenstrassen unter anderem durch die
Gorge de Galamus
nach
Norden bis Narbonne. Erstaunlich wie dieses stille Wässerchen
nur
wenige hundert Meter weiter diese enorme Schlucht formen konnte. Von
Narbonne weg ist Schluss mit lustig. Auf mehr oder weniger
schnurrgeraden Strassen, auf denen man sich schon fast auf den
nächsten Verkehrskreisel freut, fahre ich den Alpen entgegen. Zum
Glück hat es am Sonntag keine Lastwagen und keinen Berufsverkehr. So
schaffe ich es relativ zügig über Avignon hinaus und finde ein
Zimmer in Mazan. Dieses liegt quasi am Fusse des Mont Ventou, der
mich am Montag wieder haben soll.
Der
Sonntag hat aber auch seine Schattenseiten. Es dauert und dauert, bis
ich schliesslich das einzige offene Bistro in Mazan finde für mein
Feierabendbier. Heute ganz besonders verdient, denn es war den ganzen
Tag heiss, sehr heiss. In bzw. vor dem Bistro ist einiges los. Nicht
lange und ich sitze in einer Runde geselliger Leute. Und Runden
machen die Runde. Bis das Bistro schliesst. Also weiter bei einem der
Paare zuhause. Um 5 Uhr bin ich schliesslich im Hotel zurück. Eine
verrückte aber lustige Nacht.
Die Nacht hat ihre Spuren hinterlassen. Ich fühle mich nicht
besonders gut. Ich verzichte besser auf den Mont Ventou und halte
mich auf harmloseren Strassen Richtung Osten. Die Gorges de la Nesque
lasse ich allerdings nicht aus.
Ich mache öfters Pause; inklusive einem richtigen Mittagessen in
Digne-les-Bains. Danach weiter Richtung Osten, wo die grossen Pässe
warten. Die müssen sich allerdings etwas gedulden, denn ein Gewitter
verlangsamt meine Fahrt. Durch die fantastische Gorges de Daluis
komme ich zum Aufstieg Richtung Col de la Cayole. Habe diesen schon
zweimal von Noredn nach Süden befahren. Diesmal soll es in die
Gegenrichtung gehen. Allerdings erst morgen. An der Passstrasse
steige ich im Hotel, das den Namen des Passes trägt, ab. Herrlich
ist es hier am rauschenden Bach. Und während ich dies hier auf der
Terasse in mein Notizbuch kritzle, kommt das nächste Gewitter. Mir
kann es egal sein.
Gut und lange geschlafen. Bereit für einen neuen Tag, der
übrigens mit strahlendem Sonnenschein beginnt. Das nächtliche
Gewitter hat zudem einiges an Abkühlung gebracht, was allerdings
eher angenehm ist. Schon bald breche ich auf, um den gestern
begonnenen Col de la Cayole noch ganz unter die Räder zu nehmen.
Wie
immer ist es wunderschön hier oben. Sogar Murmeltiere kreuzen meinen
Weg. Nebst Gümmelern in ihren viel zu farbigen Outfits beschert mich
auch die Natur mit ihrer Farbenpracht. Viel zu schnell bin ich in
Barcelonette, d.h. auf der anderen Seite des Passes. Dort wartet der
Col de Vars darauf, mich zu meinem obligaten Kaffee auf der Passhöhe
zu empfangen. Nach einer rasanten Abfahrt wartet auch schon der
nächste Pass. In flotter Fahrt geht es hoch auf den Col d' Izoard,
wo ein Verpflegungshalt fällig ist. Zudem herrscht ein emsiges
Treiben vor dem "Gipfelmonument", an dem ich mich ergötze.
Alles
will mit Velo oder Motorrad davor fotografiert werden.
Irgendwann
ist es dann Zeit, meine Fahrt fortzusetzen. Als nächstes ist der
Galibier fällig, der mich letztes Mal vor allem mit Regen beschenkt
hat. Dies scheint zur Tradition zu werden. Wieder beginnt es zu
regnen, als ich vom Lautaret Richtung Galibier abbiege. Hinzu kommt,
dass der oberste Teil gesperrt ist, sodass ich zum ersten Mal durch
den Scheiteltunnel fahre.
Auf
der Fahrt hinunter zum Col de la Telegraphe wechselt das Wetter von
Bremspunkt zu Bremspunkt. Mal Regen, mal "nur" nasse
Strasse, mal trockene Fahrbahn, mal sogar Sonnenschein. Auf dem
Telegraph dann mehr Sonne als Wolken. Und Zeit für einen Kaffee in
meinem "Stammlokal", bzw. davor. Ich unterhalte mich ein
wenig mit einem Schotten, der in der Gegenrichtung unterwegs ist. Von
ihm erfahre ich, dass der Col de la Madeleine zeitweise gesperrt ist
(die TdF lässt grüssen). Damit brauche ich nicht zu überlegen, wie
es weiter gehen soll. Der Col d' Iseran wird es sein. Hier beginnen
die Wetterkapriolen von Neuem. Trotzdem macht die lange Fahrt bis auf
über 2700m Spass.
Oben
bläst jedoch ein starker Wind, der das Verweilen nicht gerade
fördert. Also aufgesessen und runter via Val d' Isere nach Séez, wo
ich die Fahrt für heute beende. Nicht ganz zufälligerweise, denn
hier beginnt der Aufstieg zu meinem ersten Ziel für morgen.
Soll ich noch tanken oder wird es reichen bis in die
Treibstoff-billigere Schweiz? Es sollte reichen. Also auf zur letzten
Etappe. Sogleich geht es aufwärts, begleitet von einer freundlichen
Morgensonne. Wenig Verkehr und eine sehr reizvolle, alpine Gegend mit
schönsten Aussichten auf Schnee bedeckte Berge. Obwohl er Kleiner
St. Bernhard heisst, ist er doch ein Grosser. Und bringt mich nach
Aosta, Italien, wo sein grosser Bruder ansteht. Nur das mit meinem
Tank bzw. dessen zunehmende Leere macht mir etwas Sorgen. Es wird
wohl reichen über den Pass und in die Schweiz.
Auf
dem Pass angekommen entledige ich mich meines Euro-Kleingeldes
mittels Kaffeegenuss und schon hast mich die Heimat wieder. Die
Tankanzeige hat in der Zwischenzeit zu blinken begonnen, aber
unerwarteterweise hat es kurz nach der Passhöhe etliche Tankstellen.
Muss wohl ein Ausflugsziel für Italiener sein! Mir ist es recht und
so fahre ich beruhigt weiter. ins schöne Unterwallis. Da der Tag
noch immer jung ist, beschliesse ich, nicht auf direktem Weg nach
Basel zu fahren. Ich fahre durch die Rebenhänge Richtung Col de la
Croix. Kurz vor der Passhöhe zieht es mich noch auf die Alp
Taveyanne, wo ich eine währschafte Rösti Maison zu mir nehme.
Danach geht es über die Passhöhe
weiter
zum Col de Pillon und via Gstaad Richtung Thunersee. Kurz vor der
Autobahn noch eine Pause mit Erfrischung und schon bald ist Basel ein
erstes Mal auf einem Hinweisschild zu lesen. Die eigentlich
langweilige Autobahnfahrt wird bei zwischenzeitlich zähem Verkehr
durch zwei harmlose Auffahrunfälle aufgelockert. Ich komme sicher
durch und nach schliesslich 4364km stelle ich mein Motorrad auf
seinen Platz in der Tiefgarage.